Trad Wife

Der Begriff Tradwife (kurz für traditional wife, deutsch „traditionelle Ehefrau“) ist Ende der 2010er Jahre in den sozialen Medien aufgekommen. Mit ihm beschreiben sich einige Frauen in der westlichen Welt selbst, die sich ausdrücklich für ein Leben entscheiden, das überlieferten Geschlechterrollen entspricht. Sie verzichten auf eine berufliche Karriere im klassischen Sinne und propagieren ein Dasein als Mutter und Hausfrau. Sie sehen diesen Lebensstil in aller Regel als Akt der Selbstverwirklichung.

In der Regel sind Tradwives nicht berufstätig, sondern konzentrieren sich auf Haus- und Familienarbeit sowie die Betreuung von Angehörigen. Diese Tätigkeiten werden von ihnen positiv dargestellt und in gewisser Weise ästhetisiert. Ein weiterer Schwerpunkt ihres Lebens liegt darin, ihrem Ehemann zu gefallen und sich um ihn zu kümmern.

Für viele Tradwives ist das Kochen und Backen ein zentrales Element ihres Alltags, wobei sie alle Speisen aus frischen Zutaten selbst zubereiten. Zudem teilen sie Ratschläge für das Eheleben. Ihre Ehemänner sind in der Regel diejenigen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

Der Ursprung dieser Bewegung liegt in den USA, wo viele der bekanntesten Influencerinnen mit dieser Lebensweise zu finden sind. Auf den ersten Blick mögen die Videos und Inhalte dieser Bewegung harmlos wirken und bieten eine angenehme Unterhaltung. Doch steckt hinter diesen Darstellungen mehr als auf den ersten Blick erkennbar?

Die Tradwife-Bewegung und ihre Ausschlüsse

Prof. Margreth Lünenborg, eine Expertin, die sich intensiv mit diesem Trend auseinandergesetzt hat, erklärt, dass die Videos und Inhalte der Tradwife-Bewegung auf den ersten Blick unschuldig und naiv erscheinen. Sie vergleicht diese Darstellungen mit Märchen, die ansprechend wirken und es uns ermöglichen, die Herausforderungen des Lebens für einen Moment zu vergessen.

Doch Lünenborg warnt: Bei genauerer Betrachtung verbergen sich hinter diesen harmlos wirkenden Darstellungen ernste gesellschaftliche Probleme. Die Videos der Tradwives präsentieren ein „gesellschaftliches Modell als Ideal“, das mit schweren Ausschlüssen verbunden ist. Sie weist darauf hin, dass hinter den scheinbar unpolitischen Darstellungen ein tief verwurzeltes, politisches Weltbild steckt, das rassistische und diskriminierende Elemente enthält.

Lünenborg hebt die Gemeinsamkeiten der Tradwives hervor:

- Die Mehrheit ist weiß.

- Sie stammen oft aus christlich-fundamentalistischen Kreisen.

- Sie vertreten ein traditionelles Rollen- und Familienbild.

- Der Mann ist alleiniger Ernährer der Familie.

Dieser Lebensstil, geprägt von gutverdienenden Ehemännern, fördert ein elitär anmutendes Bild, das sich bewusst vom Rest der Gesellschaft abgrenzt. Lünenborg betont, dass Frauen in diesem Modell „klar dem Mann untergeordnet“ sind.

Dieser Trend steht im Widerspruch zu gesellschaftlichen Veränderungen und bewahrt ein enges, rückwärtsgewandtes Weltbild. Es ist kein Raum für alternative Familienbilder, wie etwa Regenbogenfamilien oder kinderlose Lebensentwürfe, da diese Lebensweise finanziell nicht für alle erreichbar ist.

Variationen dieses Trends sind auch in Deutschland zu finden. Mitglieder der Identitären Bewegung propagieren in sozialen Netzwerken ein ähnliches, traditionelles Frauenbild.

Obwohl sich viele Frauen, die diesen Lebensstil leben, als Feministinnen bezeichnen und ihren Weg als Ausdruck von „choice feminism“ ansehen, führt diese vermeintlich freie Wahl in der Praxis zu einer völligen Abhängigkeit von ihrem Ehemann.

In diesem Modell entsteht ein Geschlechterarrangement, das die Dominanz des Mannes und die Unterordnung der Frau manifestiert.

Katharina Schuster, Redakteurin im ZDF-Studio Washington D.C., kommentiert dazu treffend:

„Auch wenn es beruhigend wirken kann, den Frauen beim Kochen und Dekorieren zuzusehen, sollte man nicht vergessen, dass Tradwives uns letztlich nur in modernem Gewand das präsentieren, was wir alle bereits kennen – das Patriarchat.“

Was bedeutet eigentlich…