Toxische Männlichkeit

Seit Jahrzehnten gibt es Ideen von „Machos“, „Machismo“, „echten Kerlen“, und „richtigen Männern“, um die Art von harter Männlichkeit zu beschreiben, der Männer vermeintlich entsprechen sollen.

Das Konzept toxischer Maskulinität existiert also schon immer – plötzlich jedoch scheint der Begriff überall zu sein. Aber was bedeutet toxische Maskulinität eigentlich?

Der Begriff der „toxischen Maskulinität“ stammt ursprünglich aus der wissenschaftlichen Diskussion und wurde lange Zeit hauptsächlich in den Bereichen Frauen-, Gender- und Sexualitätsforschung verwendet. Inzwischen hat er jedoch breitere Bekanntschaft erlangt und wird häufig in öffentlichen Debatten verwendet. Er lässt sich durch drei zentrale Merkmale definieren, die bestimmte Verhaltensweisen und Einstellungen beschreiben:

1. Härte: Die Vorstellung, dass Männer physisch stark, emotionslos und aggressiv sein sollten.

2. Antifeminismus: Die Haltung, dass Männer alles, was als „weiblich“ gilt (wie das Zeigen von Gefühlen oder das Annehmen von Hilfe), ablehnen sollten.

3. Macht: Die Überzeugung, dass Männer nach Macht und Status streben müssen – sowohl sozial als auch finanziell –, um den Respekt der Gesellschaft zu verdienen.

Mit anderen Worten, toxische Maskulinität beschreibt eine gesellschaftliche Erwartung, dass Jungen ihre Emotionen unterdrücken und stets eine „harte“ Haltung bewahren müssen. Alles, was als feminin angesehen wird, wird als schwach oder minderwertig betrachtet. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jeder Mann automatisch toxische Verhaltensweisen aufweist.

Die öffentliche Diskussion über toxische Maskulinität erlebte einen Höhepunkt im Jahr 2019, als die Firma Gillette einen Werbespot veröffentlichte, der Männer dazu aufrief, die oft unkritische Haltung „Jungs werden eben Jungs“ zu hinterfragen und Verantwortung für ihr eigenes Verhalten – insbesondere in Bezug auf misogynes Verhalten – zu übernehmen. Im selben Jahr veröffentlichte die Amerikanische Psychologische Vereinigung erstmals Leitlinien für Psychologen und Psychologinnen, die mit Jungen und Männern arbeiten. Diese sollten darauf abzielen, den Druck zu verringern, den traditionellen Vorstellungen von Maskulinität gerecht zu werden, die den Einzelnen daran hindern, eine authentische Vorstellung von Männlichkeit zu entwickeln.

Der Diskurs rund um toxische Maskulinität fordert Männer dazu auf, selbst zu definieren, was Männlichkeit für sie bedeutet – sowohl für sich selbst als auch in ihrer Rolle als Väter, Brüder und Freunde. Gleichzeitig sind auch Frauen in der Verantwortung, toxisches Verhalten nicht von den Männern in ihrem Leben zu erwarten, insbesondere in familiären und partnerschaftlichen Beziehungen.

Der Begriff kritisiert nicht Männlichkeit im Allgemeinen, sondern eine bestimmte Form von Männlichkeit, die als schädlich und destruktiv wahrgenommen wird. Diese übersteigerte, maskuline Haltung kann sowohl der Gesellschaft als auch den Männern selbst Schaden zufügen.

Seit der #MeToo-Bewegung ist der Begriff toxische Maskulinität ein fester Bestandteil feministischer Diskurse und wird als Indikator für eine weiterhin patriarchal geprägte Gesellschaft verstanden, die auf dominanten Männlichkeitsbildern und deren Machtdurchsetzung basiert. Oft steckt hinter diesen Verhaltensweisen die Angst vor dem Verlust von Privilegien oder der Frage, was es bedeutet, „ein richtiger Mann“ zu sein. Infolgedessen werden Gefühle von Schwäche unterdrückt, was sich in aggressivem Verhalten, Kontrollzwang, Dominanz, Übergriffigkeit und Gewalt äußern kann. Männliche Überlegenheit wird durch frauenfeindliche Einstellungen und Homophobie demonstriert, bis hin zur Forderung nach einem „Recht“ auf sexuelle Aggression, etwa in der Szene der sogenannten „Pick-up Artists“.

Der Begriff selbst entstand in den 1980er und 1990er Jahren in der Männerbewegung und fand später Eingang in die Soziologie, Psychologie und Geschlechterforschung. Die gesellschaftlichen Erwartungen an Männer sind nach wie vor hoch: Sie sollen ihre Gefühle nicht äußern und keine Hilfe annehmen. Auf persönlicher Ebene führt toxische Maskulinität häufig zu Selbstschädigung, etwa in Form von schlechter Gesundheitsvorsorge, dem Verleugnen von psychischen Problemen oder einer Neigung zu Suchtverhalten.

Was bedeutet eigentlich…