Für ihn mag es Jahre her sein, für mich dauert es schon Jahre an.

Es ist nicht der Moment, in dem es passiert ist.

Meine Vergewaltigung war kein abgeschlossener Moment mit einem Anfang und einem Ende. Alles, was im „davor“ liegt fühlt sich fast beschämend, fast lächerlich unbeschwert an. Auf jede Erinnerung an diese Zeit folgt das Wissen, worauf ich zusteuern würde. Der erste Teil meines Lebens scheint unter einer dunklen Unwetterwolke zu liegen, die jederzeit bereit ist abzuregnen.

Und alles was im „danach“ liegt, egal ob in der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft, ist bedeckt von einem dunklen Schleier. Ich erinnere mich an einen großen Teil meines Lebens nicht. Scheinbar habe ich im Verdrängen von einer Nacht nicht nur diese ausgelöscht, sondern meine Fähigkeit, mich an die zufälligsten Dinge, klein wie groß, wichtig wie unwichtig, zu erinnern nachhaltig geschädigt.

Ich bin nicht mehr der Mensch, der ich davor war und werde es auch nie wieder sein. Ich frage mich oft, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn er mir nicht einen großen Teil meinerselbst genommen hätte. Wissen werde ich es nie. Heute habe ich mich damit abgefunden. Ich bin zwar anders aber immer noch ich selbst. Ich trage Risse in mir, bin aber nicht kaputt. Und auch wenn ich an so vielen Stellen meines Lebens kämpfen muss wegen dem, was er mir angetan hat, werde ich nicht aufgeben. Ich werde diesen Kampf nicht verlieren. Besonders weil ich nicht zulassen kann, dass er ihn gewinnt.

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Ich weiß, dass es nicht meine Schuld war. Wie könnte es auch meine Schuld sein?